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Was macht einen erfolgreichen Recruiter aus?

Wie denkt eigentlich ein umtriebiger Recruiting-Spezialist, Berater und Blogger über die aktuellen Trends & Themen? Im Interview mit Henrik Zaborowski.

Diese Frage hat sich unsere HR Cloud-Expertin Savina Schlichte gestellt und sich auf die Suche nach einem solchen gemacht. Gefunden haben wir Henrik Zaborowski, freiberuflicher Recruiting-Spezialist mit langjähriger Erfahrung.

Henrik Zaborowski

Henrik Zaborowski

Henrik Zaborowski unterstützt als freiberuflicher Recruiting-Spezialist mit 17 Jahren operativer Recruitingerfahrung Organisationen aller Branchen und Größen bei der Optimierung und Umsetzung ihrer Personalbeschaffung

Darüber hinaus gibt er mit seinem ganzheitlichen Blick auf das gesamte Recruiting als Berater, Blogger und Redner Impulse für ein zeitgemäßes und menschenzentriertes Recruiting.

Definition eines "erfolgreichen Recruiters"

Savina Schlichte: Herr Zaborowski, was macht für Sie einen erfolgreichen Recruiter aus?

Henrik Zaborowski: Für mich gehört viel Glück beim Sourcing dazu. Außerdem lautet das Motto „Sei individuell und sei pfiffig“. Wenn ein Recruiter Standard-Anschreiben verschickt, und das gleich an 100 Leute, dann braucht er sich nicht wundern, wenn die Zielgruppe nicht reagiert. Die denken sich doch auch nur „Was willst du denn jetzt von mir?“. Recruiter sollten sich Mühe geben und auf das Individuelle achten, das ist ein ausschlaggebender Faktor.

Außerdem müssen Recruiter eine hohe Frustrationstoleranz haben. Man muss sich jeden Morgen aufs Neue motivieren, man muss dranbleiben und darf sich nicht ins Boxhorn jagen lassen. Klar ist es demotivierend, wenn von 100 Leuten nur 2 bereit sind zu wechseln. Aber mehr braucht man doch auch nicht.

Und natürlich gehört auch kommunikatives Geschick dazu. Und wieder Glück und das richtige Umfeld. Ich habe einen Kunden, der sitzt irgendwo im Nirgendwo und die Leute müssen ewig fahren, um an den Standort zu kommen oder gar dorthin ziehen. Klar, darauf haben die wenigsten Lust. Tja und ausgerechnet bei diesem Kunden ist die „New Work Philosophie“ noch nicht angekommen. Das sind dann natürlich wirklich schwierige Rahmenbedingungen, die einem Recruiter das Leben schwermachen. Aber auch für solche Firmen gibt es da draußen Menschen, die genau auf diesen Job gewartet haben. Und deswegen sage ich: Ein erfolgreicher Recruiter hat auch einfach mal Glück.

Das ist aber keine Entschuldigung, um sich nicht auch mal selbst zu hinterfragen. „Was mache ich hier eigentlich und ist das überhaupt richtig?“ Wenn ich nur auf Xing nach Java-Entwicklern suche, dann brauche ich mich irgendwann nicht mehr zu wundern, wenn ich keine Neuen mehr finde. Dann muss ich mir Gedanken über andere Quellen machen. Ich darf mich also nicht zurücklehnen, sondern muss am Ball bleiben.

Aber eines muss jedem klar sein: Recruiter backen keine Menschen. Wenn es vom Gesuchten irgendwann keinen mehr gibt und ich alle bereits angesprochen habe, dann ist das einfach so.

Kreative Recruiting-Ideen sind gefragt

Savina Schlichte: Sie sagen, dass Recruiter individuell und pfiffig sein müssen. Welche kreativen Ideen haben Sie selbst gehabt oder bei anderen im Zusammenhang mit Recruiting erlebt?

Henrik Zaborowski: Oh, da gibt es viele…. Es gab mal einen Mittelständler, der auf der Suche nach einem Buchhalter war. Dieser Mittelständler hat bei der Bezahlung von Rechnungen immer einen Cent zu viel überwiesen. Zwei Buchhalter von Lieferanten haben angerufen und gesagt „Sie haben mir einen Cent zu viel bezahlt.“ Diesen beiden Buchhaltern hat daraufhin besagter Mittelständler einen Job angeboten.

Ein cooles Beispiel ist auch eine Fleischerei, die nach Azubis gesucht hat. Die Fleischerei hat Plakate entworfen mit dem Titel: „Willst du auch mit coolen Säuen abhängen?“ Das fand ich sehr kreativ. Und noch besser: Diese Plakate haben sie dann beim Wacken-Festival aufgehängt. Das fällt auf.

Eine Firma in Stuttgart hatte auch eine gute Idee. Die wussten, dass ihre Zielgruppe, die beim Wettbewerber arbeitet, immer mit der Linie 5 und 11 zur Arbeit fährt. Weil dort der Wettbewerber sitzt. Also haben Sie genau diese Bahnen mit ihrer Werbung ausgestattet, um die Zielgruppe bei ihrem Weg zur Arbeit und nach Hause zu erreichen.

Es gibt ganz, ganz viel was man machen kann. Aber es gehört natürlich Kreativität und auch Mut dazu.

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Buzzword "War for Talents"?

Savina Schlichte: Recruiting erscheint im Bereich HR das am meisten diskutierte und präsenteste Thema zu sein. Denken Sie, das liegt lediglich am „War for Talents“?

Henrik Zaborowski: Ich glaube, wir bewegen uns da in einer Filterblase. Klar, in meinem Umfeld ist das Thema Recruiting „Top of the Tops“. Aber wenn Sie einen Personalentwickler fragen, wird er Ihnen sagen, dass New Work viel wichtiger ist.
Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: Wir müssen uns erstmal fragen, ob es den Fachkräftemangel überhaupt gibt. Diese Frage kann ich mit Ja beantworten. Sicher machen Unternehmen noch vieles falsch oder nicht optimal, aber den Fachkräftemangel gibt es auf jeden Fall. Nicht in allen Branchen, Positionen oder Regionen, aber bei meinen Kunden. Und von daher liegt es sicherlich am „War for Talents“, dass das Thema Recruiting derzeit so präsent ist.

Dazu kommt noch, dass Recruiting durch die Professionalisierung ein anderes Niveau erreicht hat. Auch durch die Digitalisierung. Es ist viel mehr möglich, es gibt viel mehr Optionen. Was kommt Neues auf mich als Recruiter zu? Womit muss ich mich beschäftigen, wenn ich nicht Recruiting wie vor 50 Jahren machen will? Das sind Fragen, die sich Recruiter stellen müssen. Unternehmen sagen: „Bei uns ist Recruiting keine Nischenlösung“. Und dadurch merkt dann selbst der letzte Haus-und-Hof-Personaler, dass Recruiting scheinbar immer wichtiger wird.

Geschlechterspezifische Stellenausschreibungen

Savina Schlichte: Lassen Sie uns mal ein Blick auf die Wissenschaft werfen. Stichwort „geschlechterspezifische Stellenausschreibungen“. Eine Studie hat herausgefunden, dass bestimmte Wörter Frauen eher ansprechen als Männer Und andersherum. Bedeutet das nicht, dass männliche und weibliche Recruiter andere Menschen einstellen, weil sie ja selbst so geprägt sind?

Henrik Zaborowski: Ich glaube ganz klar daran, dass Männer und Frauen anders lesen. Am Ende des Tages frage ich mich aber immer, ob das relevant ist. Ich kann zwar eine Stellenausschreibung so gendergerecht formulieren, dass den Frauen das Herz höherschlägt, aber die Männer gleichzeitig denken, „Oh Gott, was ist das denn?“. Aber dann muss ich mich auch fragen, wie der Job dazu aussieht. Job und Stellenbeschreibung müssen zueinander passen. Eine tolle, genderbezogene Stellenanzeige hilft nichts, wenn der angebotene Job nicht dazu passt.

Jetzt zu Ihrer Frage ob Frauen und Männer unterschiedlich einstellen. Ja,ich könnte es mir vorstellen. Jedoch stellt HR ja niemanden wirklich ein, außer natürlich für die eigene Abteilung. Die Einstellung an sich übernimmt der jeweilige Fachbereich und schlussendlich der Vorgesetzte. Und das sind in der Regel immer noch überwiegend Männer. Ich glaube, Frauen neigen eher dazu, Menschen eine Chance zu geben. Das ist für mich der entscheidende Punkt. Ich glaube schon, dass sie unterschiedlich einstellen. Ich hätte die Hoffnung, dass Frauen einfach ein bisschen netter sind und dem Menschen eher eine Chance geben. Das ist für mich der entscheidende Punkt: Wir sortieren zu viele Menschen aus, weil wir glauben, der oder die kann das nicht. Aber wir haben es nicht überprüft. Ich möchte hoffen, dass eine Frau in dieser Situation sagt: „Hey, ich finde ihn aber gut und ich traue es ihm zu. Gib dem mal eine Chance!“. Aber das ist vielleicht auch Illusion.

Savina Schlichte: Danke für das Interview & Ihre Zeit. Es hat Spaß gemacht!

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