Stuhl vor Schreibtisch

Nur die Führungsposition erstrebenswert?

Fachkarriere vs. Führungsposition

Nicht immer ist eine Führungsposition der nächste logische Schritt auf der Karriereleiter. Alternative Laufbahnmodelle werden immer attraktiver

„In zehn Jahren könnte ich mir vorstellen, eine erfolgreiche Karriere in Ihrem Unternehmen absolviert zu haben und auch eine eigene Abteilung zu leiten.“ Diese Antwort der Interessenten auf die Frage im Bewerbungsgespräch, wo sie sich mittel- bis langfristig sehen, kennen mittlerweile alle Personalverantwortliche.

Nichtsdestotrotz ist es oft sogar die „richtige“ Antwort, um Ehrgeiz, Bereitschaft zur Verantwortung und Zielstrebigkeit zu demonstrieren. Dass eine erfolgreiche Karriere mit Führungspositionen assoziiert wird, lässt sich insbesondere auf die in den letzten Jahrzehnten klassisch nach oben ausgerichtete Karriereleiter zurückführen. Diese birgt jedoch sowohl für Arbeitgebende als auch für Arbeitnehmende zunehmend Probleme: Zum einen sind die zu besetzenden Führungspositionen zwangsläufig begrenzt. Zum anderen bleibt auch solchen Mitarbeitenden, die von Natur aus vielleicht mehr Spaß am Tüfteln denn am Reden haben, kaum eine andere Wahl, als Personalverantwortung anzustreben, da nur so wirklich Status und Prestige zu erreichen sind. Davon, dass nur die wenigsten Mitarbeitenden überhaupt für eine Führungsrolle geeignet sind, wollen wir hier gar nicht reden.

Die Fachkarriere als neues Laufbahnmodell

Als Antwort auf dieses Dilemma können Unternehmen neben der traditionellen Führungslaufbahn auch Fach- und Projektlaufbahnen anbieten. Hierbei stehen etwa das immer tiefere Fachwissen, die Komplexität von verantworteten Projekten oder auch die Relevanz der Produkte oder Kundinnen und Kunden, für die jemand zuständig ist, im Vordergrund. Statt hierarchisch aufzusteigen, entwickelt sich eher die „Jobtitel-Seniorität“, mit der aber genauso Gehaltssprünge und weitere Benefits verbunden sind wie mit klassischen Beförderungen. Mitarbeitende ohne Personalverantwortung steckt somit nicht zwangsläufig in einer Karriere-Sackgasse fest, sondern können sich auf fachlicher und beruflicher Ebene kontinuierlich weiterentwickeln. Das bietet ihnen die gewünschte Perspektive. Für Unternehmen besteht durch diese Form des Talent Managements außerdem die Chance, sich mithilfe von neuen Laufbahnmodellen als attraktive und moderne Arbeitgebende zu positionieren.

Die Attraktivität von Führungspositionen nimmt ab

Insbesondere bei Millenials zeichnet sich dazu ein Wandel ab, welcher Alternativen zur Managementkarriere fordert. Die Punkte ausgewogene Work-Life-Balance sowie intellektuelle Herausforderungen befinden sich beispielsweise noch vor dem Führungsverantwortung auf der Liste der langfristigen Karriereziele junger Absolventen.

In einer Mercer-Umfrage aus dem Jahr 2016 gaben über ein Viertel der aktuell zufriedenen Arbeitnehmenden an, aufgrund von fehlenden langfristigen Weiterentwicklungsmöglichkeiten einem Jobwechsel offen gegenüberzustehen.[1] Arbeitgebende sollten diesbezüglich aktiv werden, um dem Wegbrechen von wichtigem Fachwissen vorzubeugen. Denn viele Mitarbeitende sind durchaus zufrieden mit ihren Arbeitgebenden und beschäftigen sich nur aus Entwicklungs- oder Gehaltsgründen mit dem Gedanken an einen Wechsel. Je mehr die Laufbahnmodelle eines Unternehmens unterschiedliche Bedürfnisse erfüllen können, desto besser gelingt es nicht nur, Fachexperten aus den eigenen Reihen auszubilden, sondern diese auch im Unternehmen zu halten.

Anpassung der Benefits schafft Akzeptanz

Die tatsächliche Umsetzung und das Aufbrechen der starren Laufbahnstrukturen stellen jedoch eine große Herausforderung dar. Insbesondere die Gleichwertigkeit der neuen Modelle muss klar definiert und kommuniziert werden. Einerseits stellt sich die Frage, wie die gleichwertige Akzeptanz aller Modelle in der Unternehmenskultur generell aufgenommen wird. Andererseits kann dies durch Anpassung der Benefits aktiv unterstützt werden. Auf den gleichen Karriereebenen unterschiedlicher Laufbahnen sollten gleichwertige Gesamtpakete aus Grundgehalt, Aktienprogrammen, Firmenwagen etc. angeboten werden. Eine Annäherung der Konditionen vereinfacht des Weiteren den fließenden Übergang von einem Modell zum anderen. Mit offenen Grenzen zwischen den Laufbahnen kommen die Unternehmen den Arbeitnehmendenwünschen nach Abwechslung, Selbstbestimmung sowie Sinnfindung in der Arbeit nach.

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Mehr kommunizieren als strukturieren

Um ebenso die Interessen und Anforderungen der Arbeitgebenden abzubilden, werden die Laufbahnen häufig auf verschiedene Bereiche und Positionen heruntergebrochen sowie mit passenden Kompetenzen untermauert. Es ist durchaus sinnvoll eine gewisse Struktur zu schaffen, sofern sich gleichzeitig der administrative Aufwand sowie die Hürden für einen Positionswechsel in Grenzen halten. Sobald das Karrieremodell definiert ist, bildet der Austausch zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften die nächste Herausforderung. Generell sollte gemeinsam bestimmt werden, welche Entwicklungsrichtung verfolgt wird, und dies sollte im kontinuierlichen Austausch als Teil des zukunftsgerichteten Performance Managements integriert werden.

Die klassische Vorzeigekarriere ist passé

Ein Trend, den vor allem die Generation Y vorantreibt, ist das Aufbauen einer Mosaikkarriere, die sich im Gegensatz zur klassischen Karriereleiter aus diversen, sehr unterschiedlichen Berufserfahrungen zusammensetzt. Obwohl dieser Ansatz bei vielen Personalentscheidenden und „Statusdenkenden“ noch auf Widerstand trifft, wird sich das Bild der Vorzeigekarriere zunehmend wandeln. Voraussetzung dafür ist allerdings eine Kultur, die Mitarbeitenden Zeit zum Lernen zugesteht und Akzeptanz bezüglich des Fehlermachens entgegenbringt. Ferner sollten Seitenschritte und Brüche in der Karriere nicht als etwas Negatives, sondern als Chance für die Entwicklung breiter, berufsrelevanter Kompetenzen betrachtet werden.

Wie steht es in Ihrem Unternehmen um die zukunftsorientierte Karriereentwicklung? Sind Ihre Laufbahnmodelle den neuen Anforderungen gewachsen?

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