2 Personen im Gespräch

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Was sich Mitarbeitende im Jahresgespräch wünschen

Was wünschen sich Mitarbeitende im Jahresgespräch? Und was nicht? Ein Interview mit Führungskraft und Mitarbeitende und die erstaunlichen Erkenntnisse.

Wer hat sich nicht schon alles zu Jahresgesprächen geäußert. HR-Fachzeitschriften, Karriere-Ratgeber, Personalberatungen, Psychologinnen und Psychologen, Uni-Professoren und Professorinnen und diverse mehr. Alle haben ihre Meinung dazu, wie man es richtig macht. Oder stellen es grundsätzlich in Frage. Viel zu selten gefragt werden diejenigen, um die es eigentlich geht: die Mitarbeitenden.


Wir haben daher zwei Mitarbeitende und eine Führungskraft von EMPLEOX zum Gespräch gebeten. Zu einem offenen Austausch darüber, wie sich beide Seiten ein solches Jahresgespräch im Rahmen der Personalentwicklung vorstellen. Das Ergebnis zeigt mal wieder: Drüber reden hilft. Ein Gespräch über Erwartungen, Emotionen und neue Ebenen. Und über No-Gos, die aber Bestandteil von fast jedem Jahresgespräch sind.

Hallo zusammen. Schön, dass Ihr Euch die Zeit genommen habt. Kurzer Puls-Check zum Thema - Jahresgespräche: Sinnvoll oder nicht?

Mitarbeiterin 1: Auf jeden Fall!!

Führungskraft: Ja, unbedingt, selbst wenn man auch sonst schon regelmäßigen Austausch hat.

Mitarbeiter 2: Ja, denke schon, auch wenn es mich immer nervös macht.

Ihr seid Euch ja schon mal einig, dass Jahresgespräche sinnvoll sind. Vielleicht erstmal zur Einordnung. Wie oft seht Ihr Euch so im Jahr?

Mitarbeiterin 1: Sehen gar nicht so oft, vielleicht alle 2 Monate. Wir reden aber mehrmals die Woche miteinander und pflegen auch eine sehr aktive Feedbackkultur untereinander, die klassischen „dies war gut, das nicht so“ brauchen wir im Jahresgespräch nicht mehr. Da bringen sie sowieso nichts mehr, wenn die Situation schon Monate her ist.

Gutes Stichwort. Wozu sollte ein Jahresgespräch eurer Meinung nach dann genutzt werden?

Führungskraft: (erfreut) Jetzt wird es spannend. Fangt Ihr mal an. (ernster) Und seid ruhig ehrlich, wie Ihr Euch das vorstellt, dass ist die Chance was zu ändern!

Mitarbeiterin 1: Ich finde, man sollte das Jahresgespräch nutzen, um nochmal eine andere Ebene für den Austausch zu finden. Nicht auf einzelne Situationen bezogen, eher insgesamt. Man könnte zum Beispiel das ganze, unterjährige Feedback mal durchgehen, was daraus im Einzelnen geworden ist.

Führungskraft: Guter Punkt, da würde ich dann aber die Mitarbeitenden im Fokus sehen, dass sie mal erzählen, was sie daraus gemacht oder auch nicht gemacht haben.

Mitarbeiterin 1: Ja, ist fair und macht Sinn.

Mitarbeiter 2: Puh, dann muss man das aber unterjährig irgendwie festhalten, was man so besprochen hat. Ich kann mich jetzt nicht mehr an alles genau erinnern.

Mitarbeiterin 1: Ja, ich weiß meistens auch nur noch das, was ich umgesetzt habe.

Führungskraft: Protokollieren macht schon Sinn, finde das aber nicht so einfach. Tue mich oft schwer damit, Feedback nieder zu schreiben. Das geht mündlich einfach besser, so schwarz auf weiß klingt vieles sehr hart, gerade die kleineren Dinge, über die man das Jahr über so redet. Das muss man dann irgendwie sehr nüchtern reduziert aufschreiben.

Mitarbeiterin 1: Ja, das stimmt, ich finde das Feedback mündlich auch besser.

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Ok, ihr meint also auf jeden Fall sollte eine Feedback-Schleife zum Jahresgespräch gehören. Was noch?

Mitarbeiterin 1: Für mich ist auch die “Beziehungspflege” wichtig. Klingt etwas komisch. Aber was ich meine ist, dass Führungskraft und Mitarbeitende sich Zeit für ein echtes Gespräch nehmen. Inhaltlich zum Beispiel, um die Ziele verständlich zu erklären oder warum es bestimmte Entwicklungen im Unternehmen gibt und welchen tieferen Grund diese haben. Einfach mal ein Gespräch mit mehr Tiefgang über die normale Arbeitsebene hinaus...

Mitarbeiter 2: Ehrlichkeit ist da wichtig. Also, dass man frei sagen kann, was einen bewegt, was einen stört oder was nicht klar ist.

Führungskraft: Ja, und das gerne auf Gegenseitigkeit! Ich möchte auch lieber von Euch gesagt bekommen, was ihr so denkt und euch vielleicht stört, so dass ich gegebenfalls etwas ändern kann, als das ihr euch innerlich ärgert und gernervt seid. Und sowas passt halt nicht mal eben in den Alltag zwischen anderen Meetings, sondern braucht eben einen speziellen Raum wie das Jahresgespräch, denke ich. Man braucht ja auch Zeit, über das Feedback dann nachzudenken und es nachzuvollziehen. Für mich ist noch die Challenge, wie gehe ich dann mit euren Sorgen und Anmerkungen etc. um? Damit ihr auch wisst, dass ich es ernst meine.

Mitarbeiter 2: Ich glaube es braucht gar nicht große Worte oder Versprechungen, sondern einfach Taten. Wenn das Problem weg ist, braucht man auch nicht mehr drüber reden. Leider hab ich das bei meinen bisherigen Führungskraften kaum erlebt, dass sie wirklich auf Mitarbeiterwünsche eingehen. Sie sagen es zwar, machen dann aber doch so weiter wie immer.

Mitarbeiterin 1: Mir fallen dazu auch Emotionen ein. Ich denke, es wird auch mal emotional in so einem Gespräch und das darf auch raus und darf thematisiert werden – eben offen miteinander. Auch wenn's vielleicht peinlich ist.

Gibt es übergeordnete Themen, die Ihr im Jahresgespräch seht?

Mitarbeiter 2: So ein Gespräch ist für mich immer die Gelegenheit, um Themen nach oben zu geben. Also um meiner Führungskraft mal zu sagen, was die Ebene(n) darüber wissen sollten oder was eben mein Feedback an sie ist. Ist ja schwer, immer direkt die Managementebene anzusprechen. Ich will die ja nicht mit jeder Kleinigkeit bequatschen – aber auch Kleinigkeiten ist manchmal wichtig und sollten gehört werden.

Mitarbeiterin 1: Also so nach dem Motto von unten nach oben? Damit die Kommunikation nicht nur von oben zu uns runter kommt? Finde ich gut.

Führungskraft: Klingt für mich auch richtig und wichtig. Mach ich selber ja genauso, mal die "großen Themen" die ich so thematisieren möchte, ansprechen. Da spielt Euer Feedback dann auch mit rein, denn was Euch umtreibt muss mich als Führungskraft ja auch beschäftigen. Ich darf natürlich die Rückmeldung dann nicht vergessen, was aus eurem Anliegen geworden ist.

2 Hände, eine macht Daumen hoch, eine Daumen runter

Feedback, Beziehungspflege, Kommunikation zum Management habt Ihr jetzt genannt. Was fehlt Euch noch?

Führungskraft: Ein Vergleich über das Jahr - also was lief gut, was lief schlecht, zum Bespiel auch zu unseren Zielen. Und was für Chancen haben wir gesehen und genutzt. Also einfach um mal zu betrachten, wo wir als Team wirklich helfen und was verändern können. Also das meine ich nicht als Fazit-Bericht von mir als Führungskraft ans Team, sondern als Diskussionsthema für uns gemeinsam.

Mitarbeiterin 1: Ich denke dabei auch an das Thema Sinn – ich will als Mitarbeitende wissen, wie ich was Gutes beitrage und dass mein Beitrag wertvoll ist und wertgeschätzt wird. Weil ich keine Arbeit machen will, die das nicht mit sich bringt – im Idealfall. Und das sollte ruhig Teil des Jahresgesprächs sein.

Führungskraft: Guter Punkt. Nicht immer einfach, jedem zu erklären, aber ja, sehe ich auch so.

Mitarbeiter 2: Für mich ist meine Entwicklung noch ein wichtiges Thema in so einem Jahresgespräch. Wir reden dann ja auch über die Zukunft, also das kommende Jahr, und da möchte ich diskutieren, wo ich mich hin entwickeln soll.

Mitarbeiterin 1: Nicht nur soll, sondern auch will!

Führungskraft: Ja, muss rein. Mir würde dabei ein grobes Ziel reichen, dass wir gemeinsam festhalten. Die Ausgestaltung, also wie kommst Du da hin, würde ich euch als Mitarbeitende auch ein bisschen selbst in der Verantwortung sehen, Euch etwas zu überlegen, und mich eher als Inputgebende oder Coach begreifen. Der Ausgangspunkt sollte sein, was würdet Ihr gerne lernen, was gerne mal ausprobieren oder erleben und dann diskutieren wir das, ob das zu eurem Ziel passt oder was mir vielleicht noch einfällt.

Mitarbeiter 2: Meinst Du damit Trainingsmaßnahmen?

Führungskraft: Auch – kann aber auch mehr sein. Also welche Chancen zur Entwicklung siehst Du selbst im nächsten Jahr? Gibt es Themen, die Du übernehmen kannst und willst, um zu wachsen.

Was seht ihr denn NICHT im Jahresgespräch?

Mitarbeiter 2: Mich würden Gehaltsdiskussionen stören. Das überstrahlt dann das ganze Gespräch und macht vielleicht auch die lockere und offene Gesprächsatmosphäre kaputt.

Mitarbeiterin 1: Ich kann mich dann auch gar nicht richtig auf die anderen Themen konzentrieren, weil ich immer an die Argumentation denken muss, die ich mir vorher zurechtgelegt habe. Jeder will ja mehr Geld und das ist dann schon auch spannend oder ärgerlich - je nachdem, was dabei rauskommt.

Führungskraft: Wäre für mich ok. Man kann auch nicht alle Themen in ein Jahresgespräch quetschen. Und ich bin auch für die offene Gesprächssituation, das bringt mir als Führungskraft mehr, um meine Mitarbeitende besser kennenzulernen und zu verstehen.

Ein letzter Tipp?

Führungskraft: Die ToDo’s festhalten! Sonst gehen viele gute Punkte vielleicht verloren. Und genau das soll nicht sein!

Mitarbeiterin 1: Termine einhalten! Ich hab es in der Vergangenheit leider oft erlebt, dass Jahresgespräche mehrmals verschoben wurden, weil gefühlt alles andere wichtiger war. Das hat mir nicht so gefallen.

Ich danke Euch!

Auf einen Blick: Jahresgesprächs-Inhalte

  • Zeit für Reflektion des Feedbacks: Was ist aus unterjährigem Feedback geworden?
  • Beziehungspflege Mitarbeiter/Führungskraft: Ziele und Ereignisse verständlich machen, Zeit für ehrlichen Austausch, Fragen, Anmerkungen, Sorgen und Emotionen haben. Alles auf Augenhöhe.
  • Themen an Management adressieren: Was möchten Mitarbeiter gezielt nach oben tragen? Weiterverfolgen und später an Mitarbeiter zurückspiegeln.
  • Jahresvergleich: Wie sah das Jahr aus, was lief gut, was lief schlecht, was für Chancen haben wir genutzt. Wo können wir wirklich helfen als Team.
  • Sinnstiftung: Wieso macht es Sinn, hier zu sein und weiter mitzuarbeiten.
  • Eigene Entwicklung: Wo will der Mitarbeiter hin. Grobes Ziel im Gespräch festhalten. Dann im Nachhinein sollte Mitarbeiter einen Plan machen, dann mit der Führungskraft austauschen.
  • NICHT DABEI sollte sein: Diskussionen über Gehaltsanpassungen
  • ToDo’s festhalten

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