Von HR HEUTE-Redaktion · 4 Minuten Lesezeit
Kinderkrankentage, auslaufende Inflationsausgleichsprämie, telefonische Krankschreibung uvm.: 2024 hat einige Neuerungen für Arbeitnehmer im Gepäck.
Auch das Jahr 2024 bringt einige Veränderungen im Arbeitsrecht mit sich, die für HR-Verantwortliche von großer Bedeutung sind. Gleichzeitig werden uns Themen, die bereits im Jahr 2023 relevant waren, auch noch in Zukunft beschäftigen. Wir haben daher die unserer Ansicht nach wichtigsten Neuerungen für Sie kurz zusammengefasst.
Der aktuelle Stand zur Arbeitszeiterfassung
Die Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeiten beschäftigt Personalverantwortliche bereits seit dem Jahr 2022. Mit Beschluss vom 13. September 2022 (Az. 1 ABR 22/21) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass Arbeitgeber in Deutschland dazu verpflichtet sind, die gesamte Arbeitszeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aufzuzeichnen. Arbeitgebende seien in unionsrechtskonformer Auslegung von § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) dazu verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Überstunden erfasst werden können.
Offen gelassen hatte das Bundesarbeitsgericht mit seinem damaligen Beschluss, in welcher Art und Weise Arbeitszeiten im Detail erfasst werden müssen. Dies sollte Aufgabe des Gesetzgebers bleiben.
Ein vom Bundesarbeitsministerium im April 2023 vorgelegter Referentenentwurf zur Neufassung des Arbeitszeitgesetzes befindet sich weiter in der Abstimmung.
Der Referentenentwurf sieht im Kern folgende Regelungspunkte vor:
- Es besteht die Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung von Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit, sofern ein Unternehmen mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt.
- Arbeitszeiten müssen grundsätzlich „tagesaktuell“ erfasst werden.
- Arbeitgeber haben die Möglichkeit die Aufzeichnungspflicht auf den Arbeitnehmer oder einen Dritten zu delegieren. Die Kontrolle und Verantwortlichkeit für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben (z.B. Einhaltung der täglichen Höchstarbeitszeiten, Verbot der Sonntagsarbeit) bleibt jedoch letztlich beim Arbeitgeber.
Vergeblich hatten Arbeitgeber und Personalverantwortliche auf die Finalisierung und Anpassung des Arbeitszeitgesetzes gewartet, um die erforderliche Klarheit in der Praxis zu erhalten. Angekündigt war die Gesetzesänderung für das vierte Quartal 2023, aber bislang fehlt es nach wie vor an der gesetzgeberischen Umsetzung.
Insofern blicken wir gespannt ins Jahr 2024, ob und wann gegebenenfalls Änderungen im Arbeitszeitgesetz in die Tat umgesetzt werden.
Alles was Sie über „Arbeitszeiterfassung“ wissen müssen
Definition, Arbeitszeitgesetz, Formen der Erfassung, Funktionen, EuGH-Urteil & Trends.
Hinweisgeberschutzgesetz: Welche Pflichten haben Arbeitgeber
Am 2. Juli 2023 ist das Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft getreten. Das Gesetz dient dabei der Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie der EU in das deutsche Recht. Danach sind Arbeitgeber verpflichtet, einen internen Meldekanal einzurichten, der den Mitarbeitenden die Möglichkeit bietet, rechtliche Verstöße des Arbeitgebers melden zu können, ohne berufliche Benachteiligungen befürchten zu müssen.
Die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle besteht für Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten bereits seit dem 2. Juli 2023.
Kurz vor Jahresende lief nun auch am 17. Dezember 2023 die Umsetzungsfrist für Unternehmen mit mindestens 50, aber weniger als 250 Beschäftigten zur Errichtung einer internen Meldestelle ab. Unternehmen, die keine Meldekanäle eingerichtet haben, droht spätestens jetzt die Verhängung eines Bußgeldes.
Auslaufen der Inflationsausgleichsprämie
Arbeitgeber haben bis zum 31. Dezember 2024 noch die Möglichkeit, ihren Mitarbeitenden steuer- und sozialversicherungsfrei eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von maximal 3.000 Euro zu zahlen, um die finanziellen Belastungen in Folge der Inflation abzufedern. Der Betrag kann auch in mehreren Teilbeträgen ausgezahlt werden.
Wichtig ist es dabei, den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz zu wahren. Entscheidet sich der Arbeitgeber daher zum Beispiel dafür, die Inflationsausgleichsprämie in unterschiedlicher Höhe an die Mitarbeitenden auszuzahlen, müssen der Entscheidung sachlich nachvollziehbare Kriterien zugrunde liegen.
Telefonische Krankschreibungen wieder möglich
Die wesentlichen Voraussetzungen hierfür sind:
- Es darf sich nicht um eine schwere Symptomatik handeln.
- Die Patientin oder der Patient muss der Praxis allgemein bekannt sein.
- Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit darf nicht im Rahmen einer Videosprechstunde möglich sein.
- Eine Erstbescheinigung per Telefon darf für maximal fünf Kalendertage andauern.
Erhöhung des Mindestlohns und der Minijob-Grenze
Ab dem 1. Januar 2024 erhöht sich der allgemeine gesetzliche Mindestlohn von bisher 12,00 Euro auf 12,41 Euro brutto pro Arbeitsstunde. Gleichzeitig ändert sich auch die monatliche Verdienstgrenze für sogenannte Mini-Jobber. Diese beträgt künftig 538 Euro brutto statt wie bisher 520 Euro brutto. Damit wird Minijobbern ermöglicht, bis zu 43,35 Stunden im Monat zu arbeiten. An dieser Stelle sollten HR-Verantwortliche die aktuellen Stundensätze von Mitarbeitenden noch einmal überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
Darüber hinaus wird auch die Mindestausbildungsvergütung erhöht. So erhalten Auszubildende im ersten Ausbildungsjahr eine monatliche Mindestvergütung von 649 Euro, vorbehaltlich tarifvertraglicher Abweichungen.
Neuregelung beim Kinderkrankengeld
Kinderkrankentage sind Tage, an denen berufstätige Eltern von ihrer Arbeit freigestellt werden können, um sich um ihr krankes Kind zu kümmern.
Bis zum Ende des Jahres 2023 durften gesetzlich krankenversicherte Eltern je Kind für 30 Arbeitstage (Alleinerziehende für 60 Arbeitstage) Kinderkrankengeld beantragen, bei mehreren Kindern für nicht mehr als insgesamt 65 Arbeitstage. Diese pandemiebedingten Sonderregelungen sind nunmehr ausgelaufen. Vor der Corona Pandemie standen pro Jahr für jedes Kind lediglich 10 Arbeitstage zur Verfügung; für Alleinerziehende 20 Arbeitstage.
Am 1. Januar 2024 wurden für das Kinderkrankengeld neue Regelungen gemäß § 45 Abs.2a SGB V für die Kalenderjahre 2024 und 2025 eingeführt. Danach erhöht sich die Anzahl der regulären Kinderkrankentage gegenüber den Jahren vor der Corona-Pandemie von 10 auf 15 Arbeitstage pro Kind und Elternteil im Jahr. Für Alleinerziehende sind es statt 20 nun 30 Arbeitstage. Bei mehreren Kindern können künftig insgesamt bis zu 35 Arbeitstage pro Elternteil genommen werden oder 70 Arbeitstage im Falle von Alleinerziehenden.
Ob Kinderkrankentage von der Krankenkasse oder zumindest teilweise vom Arbeitgeber übernommen werden müssen, hängt in erster Linie von der arbeitsvertraglichen Gestaltung ab.
§ 616 BGB sieht vor, dass der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Anspruch auf die Vergütung nicht dadurch verlieren, dass sie für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen persönlichen Verhinderungsgrund ohne Verschulden an der Dienstleistung verhindert werden. Darunter können grundsätzlich auch Kinderkrankentage fallen. Die genaue Anzahl ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, aber im Allgemeinen liegt der Zeitraum zwischen fünf und sieben Tagen. Für Arbeitgeber besteht die Möglichkeit, die Anwendbarkeit des § 616 BGB vertraglich auszuschließen, mit der Folge, dass Kinderkrankentage dann lediglich von der Krankenkasse und nicht vom Arbeitgeber finanziert werden.
„Das ElternPlus“ bei Roche: Ein Ansatz für mehr Gleichberechtigung
Das Gesundheitsunternehmen Roche geht mit der Initiative „Das ElternPlus“ einen innovativen Weg, um mehr Chancengleichheit für Familien zu erreichen.
Ausgleichsabgabe für Schwerbehinderte
Ab einer Betriebsgröße von 20 Arbeitsplätzen sind Unternehmen nach dem SGB verpflichtet, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten oder ihnen gleichgestellten Personen zu besetzen. Ziel der Regelungen ist es, mehr schwerbehinderte Menschen ins Arbeitsleben zu integrieren. Sofern die vorgegebene Quote unterschritten wird, ist für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz eine monatliche Ausgleichsabgabe gemäß § 160 SGB IX zu zahlen.
Zum 1. Januar 2024 hat die Bundesregierung eine Erhöhung der gestaffelten Ausgleichsabgabe beschlossen. Darüber hinaus sollen Unternehmen, die nicht einen einzigen Arbeitsplatz mit einem schwerbehinderten Menschen besetzen, eine monatliche Ausgleichsabgabe in Höhe von 720 Euro zahlen.
Klarstellung bei der Betriebsratsvergütung
Fazit:
Gast-Autorin
Livia Merla
Hören und lesen Sie mehr zum Thema
Teilen