Future of Work – hybride Arbeitsmodelle
Von HR HEUTE-Redaktion · 4 Minuten Lesezeit
Ist das Konzept des „Schreibtischteilens“ gekommen, um zu bleiben? Welche Vor- und Nachteile bringt es? Fakt ist: Es erfordert viel, gibt aber auch viel zurück.
Seit Ende der gesetzlichen Homeoffice-Pflicht diskutieren viele Unternehmen über das „New Normal“ der Arbeitswelt. Wie viel Präsenzzeit im Büro und wie viel Remote Work sind sinnvoll oder gar notwendig? Wie bekommt man die Wünsche der Arbeitgeber mit denen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Einklang? Sicher ist: In Zukunft wird es vermehrt hybride Modelle mit sehr unterschiedlichen Flexibilitätsgraden in Bezug auf Ort und Zeit geben.
Dies spiegeln auch die Hybrid HR-Studienergebnisse (durchgeführt vom Magazin Personalwirtschaft und Empleox) wider: Die 208 befragten Personalmanagerinnen und -manager gehen davon aus, dass eine Büropräsenz zwischen 40–60 % der Arbeitszeit für Officekräfte künftig das Optimum sein wird. Dadurch erhoffe man sich auch eine Steigerung der Arbeitgeberattraktivität bei gleichzeitigen Kostensenkungen.
Sicher ist: In Zukunft wird es vermehrt hybride Modelle mit sehr unterschiedlichen Flexibilitätsgraden in Bezug auf Ort und Zeit geben.
Neue Arbeitsweisen, neue Büroumgebung: Desk Sharing
Mit dem Wechsel des Office-First-Ansatzes hin zu mehr Flexibilität entfällt die Notwendigkeit, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen eigenen Arbeitsplatz bereitzustellen. Der Trend geht in Richtung Desk-Sharing-Modelle. Desk Sharing beschreibt eine Nutzungsstrategie des Büros und steht nicht für einen bestimmten Bürotyp. Die Mitarbeitenden haben im Büro dann keinen eigenen, persönlichen Arbeitsplatz mehr, sondern teilen sich diesen mit Kolleginnen und Kollegen. Häufig ist damit die Reduzierung von Arbeitsplätzen verbunden – es gibt weniger Tische als Nutzerinnen und Nutzer. Bei der Sitzplatzvergabe gibt es vor allem zwei Optionen: Entweder nach dem Prinzip „First-come-first-serve“ oder mit der Buchung über ein entsprechendes Tool.
Aus rechtlicher Perspektive steht es Unternehmen zu, den Arbeitsplatz nach eigenem Ermessen zu bestimmen. Ein Anspruch der Arbeitnehmerin und des Arbeitnehmers auf ein eigenes Büro oder einen festen Schreibtisch besteht in der Regel nicht. Trotzdem muss der Arbeitgeber die Interessen der Angestellten berücksichtigen. Hierfür reicht es allerdings nicht aus, dass die Mitarbeitenden in den vergangenen Jahren immer an einem eigenen Arbeitsplatz oder in einem Einzelzimmer gearbeitet haben.
Vorteile von Desk Sharing
Aus Unternehmenssicht
Ein Vorteil von Desk Sharing für Unternehmen ist, dass Flächen anderweitig genutzt oder reduziert werden können. Immerhin sind Büroflächen ein enormer Kostenfaktor. Rund 20 % der Betriebskosten entfallen auf das Anmieten und die Unterhaltung von Büroräumen. Wenn die Angestellten seltener ins Büro kommen, ergibt sich großes Einsparpotenzial. Büroflächen unterzuvermieten kommt jedoch selten infrage. Vielmehr bietet es sich an, die Büroflächen zu verkleinern – es brauchen nicht mehr alle Mitarbeitenden einen festen Arbeitsplatz zur gleichen Zeit. Durch eine effizientere Flächennutzung werden zudem der Energieverbrauch und damit die Treibhausgase reduziert. Was wiederum ein immer wichtigerer Faktor im Zuge einer Nachhaltigkeitsstrategie sein wird.
Aus Mitarbeitendensicht
Gerade für agile und kreative Arbeitsweisen bietet es sich an, den Arbeitsplatz je nach Bedarf wechseln zu können. Das bringt Bewegung ins Unternehmen. Wenn sich verschiedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Arbeitsplätze teilen, entstehen neue Synergien. Der Austausch untereinander steigt, Informationen werden breiter geteilt, es bilden sich neue Netzwerke. Zugleich führt das Konzept dazu, weniger in Abteilungen und Hierarchien und mehr als Team zu denken. In Zeiten der Digitalisierung ein für die Mitarbeitenden zeitgemäßes Arbeitsumfeld zu schaffen, wirkt sich insgesamt positiv auf die Motivation, das Engagement und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden aus.
Nachteile von Desk Sharing
Auch wenn das Wohlfühlambiente im Büro nicht das wichtigste Kriterium für die Arbeitgeberwahl ist: Mit dem eigenen, persönlichen Arbeitsplatz verlieren Mitarbeitende durchaus ihr „Hoheitsgebiet“. Das gilt auch in Bezug auf private Gegenstände am Schreibtisch. Es besteht die Gefahr, dass sich Mitarbeitende ohne festen Platz nicht mehr gut aufgehoben fühlen.
Ein weiterer Nachteil ist, dass sich Mitarbeitende regelmäßig neu organisieren müssen – das kostet Zeit. Die Suche nach einem freien Platz und sich immer wieder neu einrichten zu müssen, kann zudem für viele lästig werden. Unternehmen sollten daher mit ihren Angestellten zusammen erarbeiten, welche Elemente für sie wichtig sind und wie die Veränderungen kompensiert werden könnten. Dabei empfiehlt es sich, vor allem auf introvertierte Kollegen einzugehen. Nicht jeder wechselt gerne täglich die Arbeitsumgebung. Und auch nicht jedem fällt es leicht, sich mit unterschiedlichen Persönlichkeiten im Unternehmen auszutauschen.
Zudem gibt es Tätigkeiten und Aufgaben, die für Desk Sharing von vornherein weniger geeignet sind. Dazu gehören vor allem zentrale Anlaufstellen wie das Sekretariat oder die Personalabteilung, aber auch die IT, die Spezialarbeitsplätze mit großen Tischen und mehreren Bildschirmen benötigt.
Rahmenbedingungen und Maßnahmen als Voraussetzungen für Desk Sharing
Voraussetzung für kollektive Arbeitsplätze wie Desk Sharing ist ein Multispace-Konzept, welches offene und geschlossene Räume sowie Flächen für aufgaben- bzw. aktivitätsorientiertes Arbeiten vorsieht und idealerweise auch Möglichkeiten zum mobil-flexiblen Arbeiten bietet. So können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter je nach Anlass den für sie passenden Arbeitsort wählen. Zum Beispiel für informelle Treffen und zum Wissensaustausch, für die formelle Zusammenarbeit, für die kreative (Projekt-)Arbeit, als Rückzugsort für die Stillarbeit oder für Pausen. Die Räume und Arbeitsplätze sollten dementsprechend gestaltet und eingerichtet werden.
Ein Kompromiss wäre, sowohl feste als auch freie Arbeitsplätze zu schaffen.
- Organisation und Zusammenarbeit: Damit Konzepte wie Desk Sharing erfolgreich werden, braucht es eine entsprechende Unternehmenskultur, die sich durch Offenheit, Transparenz und Akzeptanz auszeichnet. Dazu empfehlen sich flache Hierarchien sowie Führung über Vertrauen, statt über Präsenz und Sichtbarkeit. Das mobil-flexible Arbeiten muss von Arbeitgeberseite vorgelebt und mitgetragen werden. Zudem ist die Zusammenarbeit zwischen HR, IT und Facility Management wichtig, um auf allen Ebenen die Voraussetzungen für mobil-flexibles Arbeiten zu schaffen.
Eine Ebene ist, dass Mitarbeitende und Führungskräfte verschiedene Kompetenzen erlangen müssen, um mobil-flexibel zu arbeiten. Dazu gehören Eigenverantwortung und Selbstorganisation. Ferner gilt es die Rahmenbedingungen für Desk Sharing zu klären: Wie will man künftig als Team zusammenarbeiten? Wie findet man sich, wenn nicht mehr jeder einen persönlichen Arbeitsplatz hat? Eine banale, aber wichtige Regel ist auch: Jeder muss seinen Platz sauber und ordentlich für den Nächsten hinterlassen. - Technologie: Die IT-Ausstattung muss darauf ausgelegt sein, dass Mitarbeitende ihren Arbeitsort wechseln. Sowohl innerhalb des Büros als auch außerhalb. Je mehr Arbeitsunterlagen digitalisiert sind und in der Cloud liegen, desto einfacher. Am besten ist jeder Arbeitsplatz identisch ausgestattet (Dockingstation, Bildschirm, externe Tastatur, Ladestationen etc.). So kann jeder Angestellte problemlos den eigenen Laptop anschließen und direkt loslegen. Ein Spind oder Rollcontainer bieten Platz für Privates. Grundsätzlich ist das Thema Datenschutz zu beachten.
Gleichzeitig müssen die vorhandenen Arbeitsplätze richtig koordiniert werden. Bei der Arbeitsplatz- bzw. Raumbuchung und -belegung kann eine Software helfen. Über diese sollte es möglich sein, sich einen Arbeitsplatz zu reservieren und zu sehen, welche der Kolleginnen und Kollegen ebenfalls anwesend sind.
Unabhängig davon, für welche Art von Arbeitsplatz sich Unternehmen in Zukunft entscheiden: Es empfiehlt sich in jedem Fall, Konzepte wie Desk Sharing strategisch zu planen und in eine übergeordnete Digitalisierungsstrategie einzubinden. Welche Anforderungen sollte eine zeitgemäße Büroumgebung heute erfüllen? Und was braucht es im Büro, damit alle Mitarbeitenden ihre Arbeit bestmöglich erledigen können? Um die Akzeptanz der Mitarbeitenden zu erlangen, ist es wichtig, sie in den Veränderungsprozess zu integrieren. Mittels spezifischer Analysen in Form von Umfragen, Workshops und Interviews zu Beginn der Büroumgestaltung werden individuelle Aspekte aufgenommen und berücksichtigt. Die klare Kommunikation der Rahmenbedingungen und Grenzen, innerhalb derer sich Mitarbeitende entfalten können, ist ebenso von Bedeutung.
Mit diesem Prozess gehen unter anderem einher: die Weiterentwicklung der Unternehmenskultur, Weiterbildungsmaßnahmen, die Schaffung neuer Arbeitszeitmodelle, die Neuorganisation von Workflows sowie Anpassungen im Bereich IT-Struktur und -Sicherheit. Geschäftsführung, IT-Leitung und Personalvorstand sollten hier die Federführung übernehmen.
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