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Laufbahnmodelle - Win-Win oder nur Bürokratie?

Wie können umfassende und transparente Laufbahnmodelle gestaltet werden, um faire und nachvollziehbare Entwicklungsprozesse zu gewährleisten? 


Wie können umfassende und transparente Laufbahnmodelle gestaltet werden, um faire und nachvollziehbare Entwicklungsprozesse zu gewährleisten? 


Dominik_Josten

Dominik Josten

Dominik Josten ist Betriebswirt und Personaler aus Leidenschaft seit über 20 Jahren. Mit Stationen als operativer Personaler, in der HR Strategie & Transformationsberatung bis zur heutigen Rolle im Management für das HR und IT Beratungshaus EMPLEOX. Außerdem ist er Co-Autor mehrerer HR eBooks und des HR-Ratgebers "Wettbewerbsvorteil HR", Gesamtverantwortlich für das Online-Magazin HR HEUTE und hat sowohl einen eigenen Podcast "HR kann mehr" als auch einen YouTube-Kanal "Der HR Flüsterer".

Dominik Josten:  Und dann kommt erst die eigentliche Herausforderung. Denn ein Laufbahnmodell soll ja keine Stellenbeschreibungen ersetzen. Ganz im Gegenteil. Die Idee von Laufbahnmodellen ist es, Mitarbeitenden eine langfristige Perspektive zu geben, wie die eigene Karriere im Unternehmen verlaufen könnte. Das kann auf unterschiedliche Arten und Weisen erfolgen.  

In simplen Modellen gibt es etwa „Abstufungen“ innerhalb eines sehr ähnlichen Tätigkeitsspektrums. Am bekanntesten sind solche Modelle sicher bei Beratungen, wo einem Begriffe wie Associate, Senior, Principal etc. begegnen, für den letztendlich irgendwie mehr oder weniger immer gleichen Job. Diese Art der Abstufungen gibt es heute aber in fast allen Bereichen, vom Ingenieur bis zum Marketing, von HR bis zum Vertrieb.  

Andere Varianten schaffen übergreifende „Senioritätslevel“ (manchmal auch Career-Band genannt) in die sämtliche Jobs, von der Assistentin bis zum Regionalpräsident einsortiert werden. Diese Modelle dienen vor allem der Orientierung, welches „Level“ ein bestimmter Job hat, um auch bei Cross-funktionalen Wechseln zu wissen, ob man dadurch „aufsteigt“ oder eher einen „Side-Step“ macht. Solche Karriere-Level werden dann auch häufig für Vergütungssysteme herangezogen, um eben einen „Senior-Engineer“ mit einem Vertriebsleiter vergleichbar zu machen oder sowas.  

Nochmal andere Modelle orientieren sich an der Logik von „Lern- oder Entwicklungspfaden“. Nach dem Motto „Wenn Du bisher das gemacht hast, könnte dies oder jenes für Dich ein nächster Schritt sein“. So wie man das von Netflix-Empfehlungen her kennt. Hier steht tatsächlich eher so die persönliche „Reise“ im Fokus als gezielte, lineare Entwicklung. 

Leider ist es tatsächlich gar nicht so einfach, ein gutes und funktionierendes Laufbahnmodell aufzubauen. Die Erfahrung zeigt, dass oft schon innerhalb einer Tätigkeitsgruppe viele Diskussionen gibt, was denn eigentlich einen „Senior“ von einem „Junior“ genau unterscheidet? Was macht – mal als Beispiel - ein Junior-HR-Manager anders als ein Senior-HR-Manger? Dabei stellen viele Unternehmen fest, dass sie solche Titel eben viel zu häufig einfach an Berufserfahrung geknüpft haben, statt an tatsächliche Unterschiede im Zuständigkeits- oder Verantwortungsbereich. Oder an irgendwelchen weichen Faktoren wie „Auftreten“ oder sowas. Doch damit ein Laufbahnmodell seinen Zweck erfüllt, also Orientierung bietet, vielleicht auch ein bisschen Motivation, braucht es klare, harte Kriterien, anhand derer sich die Laufbahnstufen unterscheiden.  

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Und dann kommt erst die eigentliche Herausforderung. Denn ein Laufbahnmodell soll ja keine Stellenbeschreibungen ersetzen. Ganz im Gegenteil. Vielmehr sollten diese Unterschiede zwischen den Stufen Jobübergreifend gelten, so dass mehrere unterschiedliche Tätigkeiten sich eine „HR-Laufbahn“ oder der „Marketing-Laufbahn“ teilen. Denn etwa innerhalb von HR will man ja nicht x-verschiedene Laufbahnen, etwa für Recruiter, Personalentwickler, Abrechner usw., dann würde man ja an Komplexität ersticken. Also braucht es eben ein gewissen Abstraktionsgrad, so dass beispielsweise sämtliche „Spezialisten“-Rollen eines Funktionsbereichs zu einer Laufbahn werden. Dann gibt es eine Laufbahn „HR-Specialist“, was sowohl Recruiter, Abrechner oder Personalentwickler sein können, halt jede Tätigkeit, die ein sehr enges Spezialgebiet eher in der Tiefe abdeckt, mit dann halt verschiedenen Senioritäts-Abstufungen. Der Unterschied zwischen einem Senior- und Junior-Abrechner ist dann aber der gleiche wie zwischen einem Senior- und Junior-Recruiter. Und da ist mir völlig klar, dass der natürliche Reflex jetzt ist „das geht nicht“. Aber doch, das geht, man muss eben abstrahieren!  Und daneben gibt’s vielleicht noch eine Laufbahn für eher „generalistische“ Jobs wie Business Partner, HR-Manager usw. Und das dann eben für alle Jobs im gesamten Unternehmen.

Ja, wenn sich herausstellt, das Mitarbeitende eigentlich zu hoch (oder zu niedrig) eingruppiert sind, ist das nochmal ein Fall für sich. Was man auf keinen Fall machen sollte ist, die Stufen an die Mitarbeitenden anpassen, wie man es viel zu oft bei Stellenbeschreibungen macht. Letztlich muss man sich anschauen, kann man es den betroffenden Mitarbeitenden erklären? Kann man hier und da vielleicht Übergangsszenarien finden? Also sagen „ok, wir entwickeln Dich jetzt gezielt dahin, dass Du auch die Aufgaben machen kannst, die eigentlich zu Deinem Level gehören“ oder ähnlich. Ich würde aber schon immer empfehlen, solche Modelle dann am Ende konsequent umzusetzen, ansonsten werden sie schnell zur Bürokratie-Spielerei, die niemand wirklich ernst nimmt. 

Der Nutzen fürs Unternehmen ist so ein bisschen zweigeteilt. Ganz entscheidend ist natürlich die Mitarbeiterbindung, wenn diese halt eine Perspektive haben und langfristig im Unternehmen bleiben. Und oft auch zufriedener sind wenn die Entwicklung fair und transparent abläuft.  

Wenn man es aber gut macht, kann man eben auch Laufbahnen bauen, durch die man gezielt etwa Jobanfänger oder Quereinsteiger in verantwortliche Spezialisten-Jobs entwickelt, für die man sonst vermeintlich Jahre braucht, um sie zu erlernen. Es kann ja schließlich nicht jeder immer nur Senior-Experten einstellen wollen, irgendwo müssen die ja auch herkommen. Und so kann man dann eben ganz gezielt eine Art „Pipeline“ für solche schwer zu lernenden und zu besetzenden Jobs aufbauen. Eben nicht nur „zufällig“, wenn es halt passiert, sondern ganz systematisch. 

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