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Mysterium A1-Bescheinigungen

Was genau sind A1-Bescheinigungen und warum sollten sich Unternehmen und Mitarbeitende vor Dienstreisen mit dieser Thematik beschäftigen?

Über den Interviewten

Bianca Lampart

Bianca Lampart, HR-Expertin & Redakteurin

Bianca Lampart ist HR-Expertin und Redakteurin bei der EMPLEOX GmbH. Mehr als 15 Jahre war sie im internationalen Personalmanagement tätig und hat Auslandseinsätze von Expatriates weltweit organisiert. Inzwischen bereichert sie mit Fachbeiträgen über HR-Trends und moderne Personalarbeit das HR-Portal HR HEUTE.

Bianca Lampart:

Ich vergleiche die A1-Bescheinigung gerne mit Zähneputzen. Nervt irgendwie, hilft aber eben, zahlreiche Probleme und Ärger zu vermeiden. 

Die A1-Bescheinigung weist nach, dass ein Beschäftigter, der sich auf Dienstreise im europäischen Ausland befindet, weiterhin dem Sozialversicherungsrecht des Heimatlandes unterliegt und nicht dem des Auslands. In der Regel wird so auch eine doppelte SV-Verbeitragung in beiden Ländern vermieden. Der A1 gilt innerhalb der EU, des Europäischen Wirtschaftsraums und der Schweiz. Gerade um den A1 bei Dienstreisen ranken sich leider noch immer einige Irrtümer.  

Im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist jede Dienstreise eine Entsendung. Somit ist auch für jede Dienstreise, unabhängig von ihrer Art und Dauer, eine A1-Bescheinigung zu beantragen. Dies gilt für die einwöchige Dienstreise nach Spanien, und genauso, wenn ein Vertriebler für ein 2-stündiges Kundengespräch mit dem Auto nach Österreich fährt. 

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Wenn Mitarbeitende regelmäßig im Ausland unterwegs sind, gibt es zum Glück die Möglichkeit, sogenannte A1-Dauerbescheinigungen zu beantragen. Also egal, ob ein Projektmitarbeiter für einen begrenzten Zeitraum immer wieder an verschiedene Orte reist, eine Geschäftsführerin eine Woche im Monat fest am Auslandsstandort verbringt.

Diese Dauerbescheinigungen sind aber keineswegs ein Freibrief, um die Bürokratie zu umgehen, sondern sie sind an strikte Voraussetzungen gebunden. Ganz wichtiges Kriterium hier: Die Reise muss „regelmäßig wiederkehrend und geplant“ sein. 

Wenn Mitarbeitende im Ausland einen Arbeitsunfall haben, kann es beispielsweise gut sein, dass die Unfallversicherung im Heimatland sich weigert, die entstandenen Krankheitskosten wegen fehlender A1-Bescheinigung zu übernehmen. Ich würde also nicht empfehlen, die Regelungen einfach zu ignorieren. Deshalb die A1-Beantragung einfach zur Routine zu machen.

In verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten bestehen nationale Nachweis- und Mitführungspflichten, die zwingend zu beachten sind und etwa bei Einreise per Flug oder Bahn tatsächlich sporadisch kontrolliert werden. Teilweise sogar auch auf Messen oder in Hotels. Und die Strafen für Nichtbeachtung solcher Regeln können empfindlich hoch sein, wenn bei einer Kontrolle die A1-Bescheinigung nicht vorliegt. Auch Frankreich bittet den Mitarbeitenden zur Kasse. 

Leider ist es teilweise mit dem A1-Formular allein übrigens noch nicht einmal getan. Manche Länder haben zusätzliche Registrierungspflichten.  

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In Deutschland haben die Sozialversicherungsträger laut Gesetz drei Arbeitstage Zeit, dem Unternehmen die A1-Bescheinigung zu übermitteln. Diesen Zeitraum sollte man also bei der Beantragung einplanen. Sollte das zeitlich nicht klappen, können die Reisenden eine Kopie der Beantragung inkl. Sendebestätigung mitnehmen und die A1-Bescheinigung dann nachreichen. Die Regeln sind in jedem Land anders. Ich empfehle klar, es nach Möglichkeit nicht drauf ankommen zu lassen! 

Auch moderne Tools zur Reiseplanung und -abrechnung helfen nur bedingt. Das Problem nämlich besteht darin, dass zentrale Stellen keine Transparenz über die Reisepläne ihrer Mitarbeitenden haben. Und die Beschäftigten wiederum sind sich oft gar nicht der Tatsache bewusst, dass sie eine A1-Bescheinigung benötigen. 

Ich empfehle daher sehr, einen einfachen, transparenten Prozess zur Ankündigung von Dienstreisen zu etablieren. Dieser Prozess und die Brisanz des A1-Antrags müssen dann natürlich regelmäßig an Führungskräfte und Belegschaft kommuniziert werden. 

Tatsächlich erstreckt sich die A1-Bescheinigung nur auf Reisen innerhalb Europas, des EWR und der Schweiz. Das heißt aber nicht, dass für Dienstreisen außerhalb Europas keine Sozialversicherungsbescheinigung benötigt wird. Sie heißt dann nur anders und ist abhängig davon, ob mit dem jeweiligen Land ein Sozialversicherungsabkommen besteht. 

Auch wenn die Dienstreise in ein sogenanntes vertragsloses Ausland geht, mit dem also kein Sozialversicherungsabkommen besteht, würde ich mir trotzdem von der zuständigen Einzugsstelle das Vorliegen einer Entsendung im Sinne einer sogenannten „Ausstrahlung“ schriftlich bestätigen lassen.

Bei Dienstreisen gehört die A1-Bescheinigung genauso selbstverständlich ins Gepäck wie die Zahnbürste. 

Ich kann nur jedem Unternehmen raten: beantragen Sie den A1 und vergleichbare Bescheinigungen im Vorfeld. Sorgen Sie für einen klaren, einfachen Melde- und Beantragungsprozess und sensibilisieren Sie Ihre Dienstreisenden. 

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