Gender Equality fängt schon mit dem Jobtitel an
Von HR HEUTE-Redaktion · 2 Minuten Lesezeit
Frauen fühlen sich häufig wenig von Jobinseraten angesprochen, in denen das generische Maskulinum dominiert. Das Gendern in Stellenanzeigen kann helfen.
Die Sprache in Stellenanzeigen ist häufig eher von typisch männlichen Wörtern und Attributen wie Analysefähigkeit und Verhandlungsgeschick geprägt. Attribute, die sich Frauen (unterbewusst) selbst nicht zutrauen oder die ihnen nicht zugetraut werden. Das kann dazu führen, dass sich viele Frauen von Jobinseraten nicht angesprochen fühlen und sich gar nicht erst bewerben.
Wie wichtig es ist, sensibel mit weiblichen und männlichen Eigenschaften in Stellenanzeigen umzugehen, zeigt die Forschung. Eine Studie der TH München* von 2014 ergab, dass Begriffe wie "durchsetzungsstark", "analytisch" und "zielstrebig" Frauen deutlich seltener zur Bewerbung motivieren. Die Begriffe "engagiert", "verantwortungsvoll" und "kontaktfreudig" hingegen schon. Die geschlechterspezifische Formulierung ist subtil, wird jedoch gewohnheitsmäßig verwendet.
Gerade in Stellenanzeigen in der IT überwiegen die als vornehmlich männlich verstandenen Begriffe deutlich. Streichen Personalverantwortliche solche geschlechtsspezifischen Formulierungen, erhöht sich die Antwort von Frauen nachweislich erheblich. Eine genderneutrale Sprache im Recruiting ist demnach ein Tool im „War for Talents“.
Sprache prägt unser Denken – und andersherum. Jedes Mal, wenn jemand ein bestimmtes Wort nutzt, erzeugt das Bilder, Erinnerungen oder Emotionen in uns. Die Wissenschaft bezeichnet den Effekt als „Framing“. Die Idee, dass Sprachunterschiede die Kognition beeinflussen, ist an sich jahrhundertealt.
Genderneutralität: Alles in der Sprache sichtbar und hörbar machen
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes untersucht regelmäßig Stellenanzeigen im Hinblick auf Diskriminierung. Die letzte Auswertung von 2017 ergab, dass knapp 98 Prozent keine direkte Diskriminierung enthielt. Davon aber jede Fünfte eine Formulierung oder ein Bild mit Diskriminierungsrisiko. Klare Diskriminierungen beziehungsweise Diskriminierungsrisiken tauchen vor allem bezüglich des Geschlechts, des Alters oder der Herkunft/Ethnie auf. Dass das Diskriminierungsrisiko deutlich höher ist als die Anzahl klarer Diskriminierung, kann auf zwei Aspekte zurückgeführt werden: Auf die strenge Rechtslage in Deutschland und darauf, dass Diskriminierung bei Stellenanzeigen mehrheitlich unbewusst, sprich unbeabsichtigt, stattfindet.
Tipps für eine gendergerechte Personalpolitik vom Recruiting an
Eine gendergerechte Personalpolitik fängt beim Recruiting an und sichert Diversität und Inklusion bei der Personalauswahl. Eine geschlechtsneutrale Ansprache und Formulierung von Nomen in Stellenanzeigen sind ein erster wichtiger Schritt, damit sich Männer, Frauen und Personen des dritten Geschlechts (Diverse) gleichermaßen angesprochen und wertgeschätzt fühlen.
Außerdem trägt die explizite Benennung aller dazu bei, Missverständnisse zu vermeiden. Das gilt vor allem für wichtige Textstellen wie Titel und Überschriften, die direkten Anrede oder bei der Nennung einer Personengruppe.
- Funktionalisieren beziehungsweise objektivieren Sie Wörter: Management statt Manager
- Nutzen Sie Paarnennungen: Bewerberinnen und Bewerber. Auch die Kurzform ist möglich (allerdings nicht immer normgerecht): Binnen-I, Gender-Stern, Unterstrich
- Das gilt auch für geschlechtsindifferente Pronomen: "Alle können sich bewerben" statt "Jeder kann sich bewerben"
- Nutzen Sie bei der direkten Anrede, bei Adjektiven, im Passiv und in Relativsätzen Umformulierungen:
- "Bitte füllen Sie die Bewerbungsunterlagen aus" statt "Der Bewerber muss die Unterlagen ausfüllen"
- Wissenschaftliches Personal statt Wissenschaftler
- "Die Bewerbungsunterlagen werden gesichtet von N.N." statt "Recruiter ist N.N."
- "Alle, die sich bewerben, haben eine Chance" statt "Alle Bewerber haben eine Chance"
Neben der Gestaltung von Stellenanzeigen sollte auch im weiteren Bewerbungsprozess gendersensibel gearbeitet werden – gegebenenfalls sogar anonymisiert („Faceless Recruiting“). So empfiehlt es sich, dass mehr als eine Person Bewerbungsunterlagen sichtet, bestenfalls durch Software unterstützt.
Mindestens zwei Personen sollten Bewerbungsgespräche führen und dabei einen standardisierten Fragebogen nutzen. In Anti-Bias-Trainings lernen Personalverantwortliche, ihr Bewusstsein für Voreingenommenheit und Vorurteile zu schärfen.
Grundsätzlich sollten Unternehmen einheitliche Regelungen und Leitfäden für alle Mitarbeitenden entwickeln, damit das Thema nicht nur Einzug in die HR, sondern in die gesamte Unternehmenskultur und -kommunikation erhält. Es hilft schließlich nicht, in Recruiting und Bewerbungsprozess auf Gleichbehandlung zu achten, wenn Mitarbeitende in der Probezeit feststellen müssen, dass das nur eine Fassade war. Gendergerechte Personalpolitik bedeutet daher auch, im Alltag faire Arbeitsbedingungen zu schaffen. Und zwar konsequent in allen Handlungsfeldern wie Arbeitszeit, Arbeitsbewertung, Leistungserfassung, Stellenbesetzung, Karrierechancen, Gehalt, Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Wiedereinstieg nach Elternzeit.
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