Keine Fehler sind auch ein Problem
Von HR HEUTE-Redaktion · 3 Minuten Lesezeit
Fehler sind gut! Ohne sie gibt es keine Innovation. Daher ist eine gelebte Fehlerkultur eine gute Idee.
Transparenter Umgang
Lange Zeit wurde in Deutschland über Fehler und Misserfolge lieber geschwiegen. Das hat sich in den vergangenen Jahren geändert. Mittlerweile sind Geschichten über das Scheitern geradezu in – zumindest auf der Showbühne. In Veranstaltungen wie den „Fuckup Nights“ erzählen Start-up-GründerInnen und prominente UnternehmerInnen von ihren größten Niederlagen, was sie aus ihnen gelernt haben und wie sie aus Jobverlust oder Insolvenz gestärkt hervorgegangen sind. Für diese offene, ehrliche und humorvolle Darstellung werden die Sprechenden vom Publikum bejubelt.
Am Arbeitsplatz hingegen ist das Thema nach wie vor eher negativ besetzt. Fehler werden meist als Schwäche wahrgenommen. Die Studie „So arbeitet Deutschland“ der Personalberatung SThree von 2018 hat ergeben, dass sich eine große Mehrheit der befragten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine andere Fehlerkultur wünscht. Denn statt Toleranz für Fehler entgegengebracht zu bekommen und aus Fehlern lernen zu dürfen, müssen viele negative Konsequenzen fürchten:
Nachholbedarf gibt es selbst auf Führungsebene. Die Studie „Fehlerkultur in deutschen Unternehmen“ von Ernst & Young (EY) zeigt, dass knapp 80 Prozent der befragten Führungskräfte zwar Fehler machen, die den Betriebsablauf stören oder Projekte verzögern, diese aber verschweigen oder vertuschen. Die Sorge, die Karriere oder das Ansehen zu gefährden, ist auch hier zu groß. Folglich agieren sie bei Entscheidungen zurückhaltender und weniger im Sinne des Unternehmens als zugunsten der eigenen Reputation.
Fehlerkultur wirkt sich auf das Innovationspotenzial aus
Dabei kann es durchaus positiv sein, Fehler zu machen und offen mit ihnen umzugehen. Zumindest dann, wenn es sich um „intelligente“ Fehler handelt, aus denen Mitarbeitende etwas lernen und durch die sich Teams weiterentwickeln können. Solche Fehler unterlaufen meistens dann, wenn Beschäftigte mutig genug sind, die Routine zu verlassen und unbekannte Wege zu gehen. Entscheidend ist die Einstellung: Neue Projekte zu starten, bedeutet, ein Risiko einzugehen und im schlechtesten Fall zu scheitern. Doch selbst wenn sich der Erfolg nicht sofort einstellt, eine wertvolle Erfahrung für den nächsten Versuch ist es allemal. Fehltritte führen außerdem dazu, „Knackpunkte“ in Zukunft genauer zu hinterfragen, besser zu analysieren und Entscheidungen bewusster zu treffen – so entsteht Fortschritt.
Für Unternehmen ist es daher absolut notwendig, dass Mitarbeitende nicht aus Angst vor Fehlern und Sanktionen nur die Projekte weiterverfolgen, die vermeintlich sicher und kontrollierbar sind. Denn das führt früher oder später zu wirtschaftlichen Defiziten seitens des Betriebs und zu Frustration seitens der Belegschaft. Der Studie von EY zufolge empfinden es 57 Prozent der Mitarbeitenden als demotivierend, weder ein Vorbild für eine positive Fehlerkultur zu haben, noch konkrete Ansätze zur Förderung einer solchen Kultur zu erleben. Demotivierte Beschäftigte sind laut dem „Gallup Engagement Index 2018“ wiederum ein Grund dafür, dass der deutschen Wirtschaft jährlich rund 100 Milliarden Euro Umsatz entgehen. Innovativ und wettbewerbsfähig zu sein, steht also in direktem Zusammenhang mit einer positiven Fehlerkultur.
Vier Tipps für eine positive Fehlerkultur
Eine positive Fehlerkultur bedeutet allerdings nicht, Fehler nur zu akzeptieren oder gar aktiv einzufordern. Entscheidend ist der professionelle und konstruktive Umgang mit ihnen.
Folgende vier Tipps tragen unserer Erfahrung nach zu einer positiven Fehlerkultur bei; sie sollten der Unternehmenskultur und den Werten insgesamt entsprechen sowie in standardisierte Prozesse und klare Regeln übersetzt werden:
- Vertrauen Sie Ihren Mitarbeitenden und übertragen Sie ihnen Verantwortung. Ein wertschätzender Umgang miteinander fördert Motivation und Leistung.
- Es gibt verschiedene Gründe, warum Fehler unterlaufen. Routinefehler können schnell behoben werden und lassen sich gut vermeiden. „Intelligente“ Fehler bringen einen wertvollen Lerneffekt mit sich. Definieren Sie erst, was überhaupt ein Fehler und was nicht der Rede wert ist. Untersuchen Sie dann, was zum Fehler geführt hat. Bleiben Sie stets lösungsorientiert – Vorwürfe oder Schuldzuweisungen helfen nicht.
- Fehler sollten offen und respektvoll kommuniziert werden. Geben Sie Mitarbeitenden das Gefühl, Fehler ansprechen zu können. Suchen Sie gleichzeitig das Vier-Augen-Gespräch, um auf Fehler hinzuweisen. Wird der Fehltritt im Team besprochen, stellen Sie die betroffene Person nicht bloß, sondern geben Sie ihr Rückhalt – so wird das Standing gewahrt.
- Das Wichtigste ist, Fehler als Chance zu betrachten und aus ihnen zu lernen. Der Kommunikation sollte also eine gezielte Handlung folgen, z. B. in Form einer Weiterbildung. Nur so wird sichergestellt, dass die Erfahrungen in den Unternehmensalltag einfließen und alle davon profitieren.
Positive Führungskultur braucht Vorbilder
Eine positive Fehlerkultur einzuführen, ist keinesfalls die alleinige Aufgabe der Personalabteilung, sondern muss von oberster Stelle gelebt und gepflegt werden. Nur wenn der Chef mit gutem Beispiel vorangeht und eigene Misserfolge öffentlich macht, folgen auch die Mitarbeitenden. Standort- und abteilungsübergreifende Formate wie „Best Practices“ und „Lessons Learned“ stärken den positiven Umgang mit Fehlern.
Agile Projektmethoden wie „Scrum“ tragen zudem dazu bei, Fehler oder falsche Entscheidungen frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern. Die HR-Abteilung sollte Führungskräfte dabei unterstützen, entsprechende soziale und emotionale Kompetenzen zu erlangen bzw. Methodenwissen zu erweitern, und ein Auge auf die vereinbarten Grundsätze haben.
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