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So vermeiden Sie Digital Overload

Verschiedene Studien belegen, dass sich Mitarbeitende von der Vielzahl digitaler Tools überfordert fühlen. Dagegen können Sie etwas tun.

Mindestens einmal im Monat stresst die Technik. Knapp die Hälfte der in einer aktuellen Studie[1] befragten Mitarbeitenden haben regelmäßig mit IT-Problemen zu kämpfen. Rund 15 Prozent schlagen sogar mehr als einmal im Monat bei der Hotline auf oder versuchen, sich anderweitig zu helfen. Bei Mitarbeitenden, die hybrid arbeiten, ist die Quote besonders hoch. Mehr als ein Drittel (35 Prozent) klagt über Tool Overload: Die Vielzahl digitaler Lösungen, mit denen sie arbeiten müssen, überfordert sie.

Stress am Arbeitsplatz

ver.di fand heraus, dass knapp 70 Prozent der im Dienstleistungssektor Beschäftigten „in sehr hohem oder hohem Maß mit digitalen Mitteln“ arbeiten.[2] Eingeführt wurden sie sicher in der guten Absicht, sowohl das Zeitmanagement als auch effizientes Arbeiten zu fördern, wozu sie ohne Frage beitragen. Allerdings sollten die Tools so aufeinander abgestimmt sein, dass der Effekt nicht ins Gegenteil umschlägt und „zu steigenden Belastungen und Arbeitshetze“[2] führt.

Verschiedene Faktoren tragen dazu bei, dass die IT die Arbeitnehmer stresst, statt sie zu entlasten:

  • Die Mitarbeitenden müssen viele verschiedene Tools nutzen und zwischen ihnen hin- und herwechseln.
  • Die Anwendungen sind nicht intuitiv. Es erfordert Mühe, sie sich anzueignen.
  • Ob Call Center Agent oder Eventmanagerin: Die Digital Workforce fühlt sich ausgeliefert, weil sie nicht in die Softwareauswahl einbezogen wird. Dreiviertel der von ver.di Befragten geben an, „keinen oder kaum Einfluss auf den Einsatz der digitalen Technik an ihrem Arbeitsplatz“[2] zu haben.
  • Arbeitgeber erhöhen den Druck. Knapp die Hälfte der Studienteilnehmer haben den Eindruck, dass sie mehr arbeiten müssen. Rund 45 Prozent sind gefordert, „digitalisierungsbedingt mehrere Aufgaben gleichzeitig“[2] zu erledigen, und sind entsprechend gestresst.
  • Einen „Zuwachs an Kontrolle und Überwachung“[2] bemängeln 35 Prozent der Befragten.
  • Hinzu kommt, dass die IT-Abteilungen nicht in dem Maße mitwachsen, wie mehr Support benötigt wird. Zum einen sind dadurch die Mitglieder der Serviceteams überlastet. Zum anderen müssen die übrigen Teams bei IT-Problemen länger auf Hilfe warten.
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So schaffen Sie digital gesunde Arbeitsplätze

Alle schätzen es, wenn stupide repetitive Aufgaben von Software unterstützt oder sogar übernommen wird und man sich selbst auf wertschöpfende Aspekte konzentrieren kann. Die Herausforderung für Unternehmen besteht darin, sich digitale Tools zunutze zu machen, aber negative Folgen für die Belegschaft zu vermeiden.

1. Softwarelandschaft

Genial, wie dieses neue kleine Programm diesen einen wiederkehrenden Prozess abwickelt. Aber: Passt die Lösung in das Gesamtkonzept? Fragen Sie sich deshalb bei jeder Softwareeinführung, ob der Nutzen den Aufwand überwiegt und wie sich ein bestimmtes Tool in die bestehende Softwarelandschaft integrieren lässt. Stand-alone-Lösungen geraten schnell in Vergessenheit, und jeder Wechsel zwischen Systemen bedeutet zusätzlichen Aufwand für Anwender. Jede einzelne Lösung für sich kann die Belegschaft entlasten. In der Summe können die verschiedenen Software-Lösungen allerdings Digital Overload mit den oben skizzierten Folgen bewirken.

2. Finger weg von Kollaborationssoftware

Nein, Sie müssen Slack nicht zwingend abschaffen. Aber brauchen Sie zusätzlich Microsoft Teams? Und Miro? Ein separates Tool für Ad-Hoc-Umfragen? Confluence, Sharepoint, Yammer und und und? Einigen Sie sich auf eine einzige oder so wenig wie möglich verschiedene Lösungen für die virtuelle Zusammenarbeit – und schaffen Sie die anderen ab. „Nice to have“ ist einfach zu wenig. Sie als Personaler sind als Anwältinnen und Anwälte Ihrer Mitarbeitenden gefragt. Bremsen Sie zur Not den Eifer der Kollegen bei IT-Beschaffungsvorschlägen aller Art. Stimmen Sie nur zu, wenn die Lösung die Arbeit erleichtert oder verbessert. Keine Zeit ist schlimmer vertan als die Wartezeit, bis alle im richtigen Programm sind.

3. Analysieren Sie den Bedarf

Analysieren Sie systematisch den Bedarf, bevor Sie IT-Lösungen anschaffen. Welche Aufgaben erledigen Kolleginnen und Kollegen im Homeoffice? Wie intensiv müssen sie sich dazu miteinander austauschen? Welche Tools helfen ihnen tatsächlich bei der Arbeit? Wichtig: Beziehen Sie die Mitarbeitenden in die Bedarfsanalyse ein. Sonst kann es leicht passieren, dass das Unternehmen an den Anforderungen der Mitarbeitenden vorbei beschafft. Möglicherweise lässt sich die Kollegin nur deshalb so selten im Büro sehen, weil die Ausstattung dort schlechter ist als im Homeoffice. Wenn Sie die Wünsche der Mitarbeitenden kennen und berücksichtigen, steigert das die Motivation und damit die Produktivität.

4. Bereiten Sie die Einführung sorgfältig vor

Wenn Sie dann ein neues Tool oder gar eine neue Unternehmenssoftware einführen, informieren Sie die Belegschaft frühzeitig. Machen Sie klar, weshalb Sie sich für die Einführung entschieden haben und inwiefern Ihre Mitarbeitenden davon profitieren. Mit einer auf die individuellen Bedürfnisse einzelner Mitarbeitergruppen abgestimmten Schulungsstrategie ermöglichen Sie, dass sich alle nach ihrem Tempo und Wissensstand mit der Lösung vertraut machen können. Planen Sie auch ausreichend Zeit für den Austausch untereinander ein. So können die Stärkeren die Schwächeren mitnehmen. Kolleginnen und Kollegen, die sich schwertun, stellen fest, dass sie nicht allein sind. Gehen Sie auf die Mitarbeitenden zu und fragen Sie, wie sie mit der neuen Software zurechtkommen. Seien Sie offen für kritische Rückfragen, denn so können Sie diesen konstruktiv begegnen und bekommen Ideen für Verbesserungen.

5. Haben Sie ein Herz für Ihre IT-Abteilung

„Hast du den Rechner schon mal neu gestartet?“ Leider hilft dieser Rat zwar manchmal, häufig aber auch nicht. Vor allem nach der Einführung einer neuen Software kann sich die IT vor Support-Anfragen kaum retten. Denken Sie daran, dass die Serviceteams unter Dauerstress stehen und viel vom Frust der User abbekommen. Schulen Sie die Mitarbeitenden in Gesprächsführung und Konfliktmanagement. Auch Entspannungsangebote können eine Option sein. Haben Sie ein offenes Ohr für die Kolleginnen und Kollegen mit ihren besonderen Herausforderungen.

6. Sag zum Abschied leise „Servus“: Retirement

Schicken Sie IT-Lösungen in Rente! Spätestens, wenn Sie das Gefühl haben, dass die Unternehmenssoftware wie Ihr Kleiderschrank aussieht, fragen Sie sich: Was passt noch? Was nutzen wir ohnehin nicht mehr? Was kann weg? Ein Tool, das nur noch wenige aus Macht der Gewohnheit nutzen, obwohl eine integrierte Plattform implementiert wurde, gehört abgeschafft. Achten Sie auch in der IT-Beschaffung auf Nachhaltigkeit. Führen Sie nur dann eine neue Lösung ein, wenn sie eine unverzichtbare Funktion erfüllt, die Ihre Bestandssoftware nicht abdeckt. Möchten Sie eine Lösung ersetzen, schicken Sie die alte auch konsequent in den wohlverdienten Ruhestand.

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